Prof. Holger Steeb im „Porous Media Lab“ der Universität Stuttgart.

Sonderforschungsbereich 1313 verlängert

25. November 2021, Nr. 91

DFG bewilligt Weiterförderung des SFB „Grenzflächen-getriebene Mehrfeldprozesse in porösen Medien“ der Universität Stuttgart
[Bild: Universität Stuttgart / Uli Regenscheit]

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat am 24. November 2021 die Förderung des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1313 „Grenzflächen-getriebene Mehrfeldprozesse in porösen Medien. Strömung, Transport und Deformation“ der Universitäten Stuttgart für weitere vier Jahre beschlossen. Das übergreifende wissenschaftliche Ziel des SFB 1313 ist ein grundlegendes Verständnis, wie Grenzflächen Strömungs-, Transport- und Deformationsprozesse in porösen Medien beeinflussen.

Der Rektor der Universität Stuttgart, Prof. Wolfram Ressel, kommentiert erfreut: „Die Entscheidung der DFG würdigt die hervorragende grundlagenorientierte Forschung, die der SFB 1313 in der ersten Förderperiode geleistet hat. Damit trägt dieser Sonderforschungsbereich – ganz im Sinne der Vision ‚Intelligente Systeme für eine zukunftsfähige Gesellschaft der Universität Stuttgart‘ – nachhaltig zur Lösung großer Herausforderungen in Umwelt-, Wirtschafts- und biomedizinischen Systemen bei. Zudem hat sich der SFB in vorbildlicher Weise für den Wissenstransfer in die Gesellschaft eingesetzt, so zum Beispiel mit der Wissenschaftsausstellung ‚PRETTY POROUS – ALLES PORÖS‘ im Stuttgarter Planetarium.“ 

Beispiele für die Relevanz der komplexen Strömungs-, Transport- und Deformationsphänomene in porösen Medien sind die CO2-Sequestrierung, die Mobilisierung von Methan in Gashydraten, der Fluss von organischen Flüssigkeiten in kontaminierten Böden, die Speicherung von „grünem“ Gas oder auch der Gas- und Wassertransport in Brennstoffzellen, die Trocknung von Lebensmitteln oder Baumaterialien sowie die Aufnahme von Flüssigkeiten durch Textilien. Weitere Beispiele sind der Fluss komplexer Flüssigkeiten in biologischen Geweben einschließlich Sauerstoffversorgung der Zellen oder die Auswirkungen von Krankheiten wie Multiple Sklerose. 

Modelliertes Geschwindigkeitsfeld im Bereich der freien Strömung und des Porennetzwerks zur Untersuchung der Interaktion von beispielsweise austrocknenden Böden mit der Atmosphäre.

Um diese Prozesse zu verstehen, arbeiten im SFB 1313 rund 60 Forschende der Bau- und Umweltwissenschaften, Mathematik, Thermodynamik, Informatik, Luft- und Raumfahrttechnik und Computerphysik zusammen. Neben der Universität Stuttgart als Sprecheruniversität sind das Forschungszentrum Jülich sowie 35 internationale Partnerinstitutionen beteiligt. Sprecher ist Prof. Rainer Helmig, der diese Rolle 2024 an Prof. Holger Steeb übergeben wird.

Die Forschung des SFB 1313

Strömung, Transport und Verformung in porösen Medien sind stark gekoppelte Prozesse, die in hohem Maße von dem nichtlinearen Zusammenspiel physikalischer, chemischer und biologischer Phänomene abhängen. Nach dem derzeitigen Stand der Technik wird die Analyse dieser Prozesse in der Regel auf einer Vielzahl von räumlichen und Zeitskalen durchgeführt, die durch die Geometrie, Struktur und Heterogenität des porösen Mediums bestimmt werden. Das Gesamtverhalten von Systemen mit porösen Medien wird jedoch durch die Beschaffenheit, Geometrie und Dynamik verschiedener Arten von Flüssigkeits-Fluid- und Flüssigkeits-Festkörper-Grenzflächen bestimmt, die nicht nur auf den angestrebten charakteristischen Skalen, sondern vor allem auf kleineren Skalen auftreten. Deshalb können viele verfügbare Modellkonzepte das tatsächliche Verhalten des Systems nicht adäquat erfassen und vorhersagen.

  Hier setzt das Forschungskonzept des SFB 1313 an: „Eines der strategischen Ziele für die weiteren vier Jahre ist eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Projektbereichen durch übergreifende Visions-Projekte wie etwa die Salzausbreitung im Untergrund durch den fortschreitenden Klimawandel“, erläutert Sprecher Prof. Rainer Helmig. „Diese Ziele können nur erreicht werden, weil der SFB 1313 sich aus einem internationalen, hoch angesehenen interdisziplinären Team zusammensetzt, das sehr viele Facetten der poröse Medien-Forschung abdeckt – von der Mathematik über die Strömungs- und Thermodynamik bis zu ausgewählten Gebieten der Informatik“. Die Forschungsergebnisse der ersten Förderperiode wurden auf über 30 internationalen Konferenzen vorgestellt und mündeten in über 100 Publikationen, die in verschiedenen wissenschaftlichen Journalen veröffentlicht wurden.

Das Team des SFB 1313

Wissenschaftsausstellung für die breite Öffentlichkeit

Um auch die breite Öffentlichkeit an der Forschung des SFB 1313 teilhaben zu lassen, wurde im Jahr 2020 die Wissenschaftsausstellung „PRETTY POROUS – ALLES PORÖS“ im Planetarium Stuttgart für eine Dauer von über zwei Monaten gezeigt. Die Ausstellung ermöglichte anhand von Beispielen aus Biologie, Technologie und Umwelt Einblicke in die Welt der porösen Medien und zeigte, wie aktuelle Forschung das Unsichtbare sichtbar macht. Sie war eine Kooperation mit dem Reallabor Space Sharing der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (ABK) sowie mit dem Exzellenzcluster EXC 2075 „Daten-Integrierte Simulationswissenschaft“ (SimTech) der Universität Stuttgart.

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereiche sind auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren angelegte Forschungseinrichtungen einer Universität. Der SFB 1313 „Grenzflächengetriebene Mehrfeldprozesse in porösen Medien. Strömung, Transport und Deformation“ wird seine zweite Forschungsphase zum 1. Januar 2022 aufnehmen. Das Fördervolumen für die nächsten vier Jahre beträgt etwas mehr als 9 Millionen Euro.

Fachlicher Kontakt:

Prof. Dr.-Ing. Rainer Helmig, Sprecher des SFB 1313, Universität Stuttgart, Institut für Wasser- und Umweltsystemmodellierung, Tel. +49 (711) 685-64741, E-Mail

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