In der Quantenwelt gelten andere Regeln, als wir sie aus der Beobachtung im Alltag kennen. Besonders faszinierend ist das Überlagerungsprinzip. Es erlaubt beispielsweise Atomen, an verschiedenen Orten gleichzeitig zu sein oder eben auch Materie fest und flüssig zugleich. So ist es bei den Suprafestkörpern, deren Eigenschaften Langen mithilfe seines ERC Grants NEWMAT (Supersolids and beyond: Exploring new states of matter with laser-cooled dipolar molecules) besser verstehen will.
Theoretisch diskutiert und vorhergesagt wurde der exotische Materiezustand des Suprafestkörpers bereits vor mehr als 60 Jahren. Der Nachweis, dass es den Materiezustand Suprafestkörper tatsächlich gibt, gelang Tim Langen gemeinsam mit Tilman Pfau erstmals 2019 im Experiment mit Hilfe von magnetischen Dysprosium-Atomen. Der experimentelle Nachweis des Suprafestkörpers wirft zahlreiche ungelöste Fragen im Hinblick auf den Entstehungsprozess und die Eigenschaften eines Suprafestkörpers auf und eröffnet damit ein komplett neues Forschungsfeld.
Da die bisher erprobten experimentellen Verfahren auf diese Fragen keine Antwort liefern können, wird Langen in seinem neuen Projekt einen Schritt weitergehen. Statt auf Atome setzt er auf ultrakalte Moleküle, also komplexere Quantenobjekte aus mehreren Atomen, um damit die vielfältigen Vorgänge in einem Suprafestkörper im Experiment zu untersuchen. Im Fokus steht dabei, welche Rolle Defektstellen, Wechselwirkungen der Moleküle oder externe Störungen für den Suprafestkörper spielen. Mit Hilfe von hochauflösenden Bildgebungsverfahren verspricht sich Langen, die entsprechenden Vorgänge bis auf die elementarste Ebene einzelner Moleküle verfolgen zu können. „Bis vor Kurzem hat man gedacht, dass es unmöglich sei, einzelne Moleküle so präzise zu manipulieren. Die Förderung durch den ERC Starting Grant wird es uns ermöglichen, dazu neueste Techniken der Laserkühlung zu verwenden“, freut sich Langen. Er verspricht sich von seinem experimentellen Ansatz einen präzisen Vergleich von Theorie und Experiment sowie noch nie dagewesene Einblicke in die Natur dieser neuen Materiezustände.
Dr. Tim Langen studierte Physik in Mainz, Marseille, Paris und Wien. Bereits im Rahmen seiner international mehrfach ausgezeichneten Dissertation beschäftigte er sich mit den besonderen Phänomenen der Quantenwelt. Anschließend arbeitete er als Stipendiat der Alexander von Humboldt Stiftung am renommierten Forschungsinstitut JILA in Boulder, USA. Seit 2017 leitet er eine Forschungsgruppe an der Universität Stuttgart.
Weitere Informationen:
- Projekt Kalte Moleküle - Langen Group (Englisch)
- Presseinformation der Universität Stuttgart
- Presseinformation des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg
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Tim Langen
Prof. Dr.Forschungsgruppenleiter / Vertretungsprofessor