Am Donnerstag, 25. Juli 2019 wurde am Allmandring 3 auf dem Campus Vaihingen der Universität Stuttgart Richtfest gefeiert. Hier entsteht bis Ende 2020 das ZAQuant, das Zentrum für angewandte Quantentechnologien. Gut 40 Millionen Euro investieren Bund, Land und Universität in das auf interdisziplinäre Forschung ausgerichtete Gebäude. Für die Universität Stuttgart ist der Bau des neuen Zentrums für Angewandte Quantentechnologie (ZAQuant) deshalb eine wegweisende Investition in eine zentrale Zukunftstechnologie.
Prof. Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart, betonte die Bedeutung der Quantentechnologie für die Zukunft: „Quantentechnologien sind ein neues Paradigma in einem weiten Bereich von Anwendungen und die Quantenwissenschaft eines der vielversprechendsten und zukunftweisendsten Felder der Grundlagenforschung überhaupt.“ Ressel weiter: „Die Universität Stuttgart gehört zu den Universitäten in Deutschland, die in diesem Bereich international ausgewiesen und besonders sichtbar sind.“ Prof. Jörg Wrachtrup, Leiter des 3. Physikalischen Instituts und späterer Hausherr ergänzte: „Quantenwissenschaften sind ein Gebiet der theoretischen und experimentellen Physik und Chemie sowie der Elektrotechnik. Neben der Exzellenz der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sticht das breite Forschungsspektrum von der Grundlagenforschung bis hin zu Erschließung technologischer Anwendungen im internationalen Wettbewerbsumfeld hervor.
Für die Arbeitsteams stehen im ZAQuant 70 Arbeitsplätze zur Verfügung. Aufgabe der Forscherinnen und Forscher wird sein, neuartige nanophotonische Quantensensoren zu entwickeln, um wegweisende Fortschritte bei Empfindlichkeit, Spezifizität und Energieeffizienz in der Sensorik zu erreichen. Denn das präzise Erfassen physikalischer Größen ist die Grundlage sämtlicher Naturwissenschaften, Voraussetzung und Triebfeder nahezu aller technischen Weiterentwicklungen. Sensoren weisen Größen wie Druck, Temperatur, Position, Bewegung bzw. Beschleunigung, Lage, Gravitation oder elektrische und magnetische Felder nach.
Im neuen Forschungsgebäude soll die Forschung an Quantensensoren in verschiedenen Disziplinen von der physikalischen Grundlagenforschung bis hin zur Elektrotechnik zusammengeführt und die dafür erforderliche Infrastruktur für die Forschung an Quantensensormaterialien sowie Präzisionsmessungen an Quantensensoren bereitgestellt werden. Neben den neuartigen wissenschaftlichen Inhalten ist auch die angestrebte fachübergreifende Zusammenarbeit ein Kernaspekt. Zwar werden gegenwärtig klassische Sensorprinzipien verfeinert, miniaturisiert und kombiniert, allerdings ist abzusehen, dass damit keine entscheidende Steigerung der bisher erreichten Schlüsselparameter wie Empfindlichkeit sowie Spezifizität erreicht werden kann. Deshalb braucht es neuartige Sensoren, die die Prinzipien der Quantenphysik oder der Nanophotonik nutzen und miteinander kombinieren. Quantensensoren haben das Potenzial; die Sensorik in zwei Bereichen entscheidend zu verbessern: Sie sind empfindlicher als klassische Sensoren und erlauben es, Messergebnisse mit atomaren Größen zu verknüpfen. Dies ermöglicht deren praktisch kalibrationsfreien Betrieb, eine wesentliche Voraussetzung für zeitkritische, autonome technische Prozesse, vom schnellen Transfer von Daten bis hin zur autonomen Navigation.
Forschungsarbeiten auf drei Forschungsfeldern
Die Forschungsarbeiten sind in drei Forschungsfelder aufgeteilt:
Forschungsfeld 1 beschäftigt sich mit den Kernelementen zukünftiger Quantensensoren, die die eigentlichen Messgrößen ermitteln. Dazu soll die Synthese hochreiner spezifischer Sensormaterialien beispielsweise aus Diamant oder Siliziumcarbid, in einem eigens dafür eingerichteten Labor für die Synthese ultrareiner Quantenmaterialien vorangetrieben werden.
Forschungsfeld 2 konzentriert sich auf neue physikalische Methoden zur Ansteuerung bzw. Signalerfassung der neu entwickelten aktiven Sensorelemente im Hinblick auf die Integration. Da die meisten neuartigen Quantensensoren optisch ausgelesen werden, lassen sich die bekannten Verfahren zu Ansteuerung von elektronischen Bauelementen, wie sie zumeist bei klassischen Sensoren benutzt werden, nicht verwenden. Vielmehr muss eine spezifisch für Quantensensoren notwendige, integrierbare, das heißt miniaturisierbare optische Peripherie entwickelt werden. Diese soll in einem ebenfalls neu eingerichteten Labor für die Präzisionsstrukturierung von Quantenmaterialien realisiert werden.
Im Forschungsfeld 3 schließlich sollen diese zusammen mit der entwickelten Peripherie und verschiedenen Quantensensorelementen zu Devices integriert werden. Diese Integration verfolgt zwei Ziele. Einerseits soll die Erforschung der notwendigen Integrations- und Aufbautechnologie dazu dienen, die Entwicklung kompakter und robuster Quantensensoren voranzutreiben. Andererseits sollen verschiedene Typen von Quantensensoren miteinander kombiniert werden, um einige ihrer Anwendungen überhaupt erst zu ermöglichen.
Das ZAQuant wird damit Stätte zahlreicher Arbeitsgruppen aus der Quantenoptik, der Atom- und Festkörperquantenphysik, dem Maschinenbau sowie der Elektro- und der Fertigungstechnik, die gemeinsam an einem Forschungsziel arbeiten. Interdisziplinarität, Kommunikation, wissenschaftlicher und persönlicher Austausch sind hier die wissenschaftlichen Erfolgsfaktoren. Deshalb sieht sich das ZAQuant nicht nur im Hinblick auf die wissenschaftlichen Fragestellungen sondern auch im Hinblick auf die Umsetzung in diesem fachbereichs- und kompetenzübergreifendem Ansatz als ein wissenschaftliches Leuchtturmprojekt.
Daten und Fakten zum ZAQuant
Bauherr: | Land Baden-Württemberg |
Entwurf/Planung: | Hammes Krause Architekten, Stuttgart |
Besonderheiten: | Begrünter Innenhof, Dachbegrünung |
Gesamtkosten: | 41,5 Millionen Euro |
Finanzierung: | 50 Prozent Bund, 25 Prozent Land, 25 Prozent Universität Stuttgart |
Außenmaße: | Länge: 73,60 Meter, Breite: 36 Meter, Höhe: 9,80 bis 14,70 Meter |
Geplante Fertigstellung: | Ende 2020 |
Kunst am Bau: | Christoph Pötsch, Heidelberg: LED-Displaywand und Server-Präsentation |